Aus dem Tiger, der einst vollmundig ein Update der Demokratie forderte, ist ein Bettvorleger geworden, der aktuellen Themen hinterher hechelt, ohne selbst Akzente zu setzen. Das Neuland lockt keinen mehr hinter dem Offen hervor, die eigenen Daten und Ansichten geben wir locker an der Garderobe der Social Media ab. So what. Die Anhänger des BGE haben eine eigene Partei gegründet. Und wir sind nicht mal in der Lage die eklatanten Niederlagen der letzten Wahlen aufzuarbeiten. Die wenigen Aktiven sind mehr mit Aufrechterhaltung der Struktur beschäftigt, anstatt neue Ideen zu pushen. Die Wahlplakate macht nun das Mediateam und die Slogans werden von Profis erstellt. Außen hui, doch Innen?
Als ein Pirat der fast ersten Stunde habe ich die Begeisterung erlebt, als das Netz die ersten Bundestagswahlplakate gestaltete und eine Empörungswelle los ging, als der damalige Buvo entscheiden wollte, was genommen wird. Inzwischen ist die Partei langweiliger als ein Beamtenschreibtisch und in der Einhaltung der Formalie päpstlicher als der Papst. Wir haben vergessen groß zu denken. Es scheint zwar, also würde eine Mehrheit von Wählern den muffigen Zustand merkelscher Einschläferungspolitik gut heißen. Aber ist das wirklich so? Wenn wir in diesem Wahlkampf den gesetzten Themen hinterher laufen, können wir nur verlieren. Wenn es da noch was zu verlieren gibt.
Dabei stößt das repräsentative (westliche) Demokratiesystem mehr und mehr an seine Grenzen. Die Repräsentanten (Politiker) haben angefangen sich von den zu Repräsentierenden (Das Volk) zu lösen und damit eine Gesellschaftskrise ungeahnten Ausmaßes ausgelöst, deren Auswirkungen erst jetzt langsam sichtbar werden und die sich nicht allein auf eine Demokratie- bzw. Wahlmüdigkeit beschränkt. Agierende politische Parteien haben sich sowohl finanziell als auch rechtlich von der so genannten Basis entkoppelt. Durch die Möglichkeit, die eigenen Regeln verändern zu dürfen und zu können, ohne selbst Sanktionen zu befürchten, bringen sie die Basis der Gesellschaft, das Rechtssystem, ins Wanken. Je mehr Menschen innerhalb einer Gesellschaft das gesellschaftskonstruierende und regelnde System als nicht mehr funktionierend empfinden, desto weniger werden sie es als für sich verbindlich erachten.
Die Piraten des ersten Hypes haben ein Demokratieupdate gefordert, ohne dieses wirklich definiert zu haben. Anarchistische und progressive Ansätze einer direkten Demokratie wurden zu schnell im Keim erstickt. Viele Mitglieder versuchten das bestehende Repräsentationssystem zu reformieren, ohne zu merken, dass das sich selbst erhaltende System sie veränderte und nicht sie das System.
Eine Ursache für die Erfolglosigkeit der Piraten, aber auch der Linken im gesamten Spektrum, liegt an ihrem Festhalten am repräsentativen System und ihrem kindlichen Glauben, den sie mit allen Weltverbesserern von Rechts nach Links teilen, nämlich allein zu wissen, was für andere gut ist. Sie wollen selbst Repräsentant werden! Die Konservativen und Neo-Liberalen haben damit weniger Probleme, da sie vorrangig interessiert, was für sie gut ist und sie deshalb bewusst Repräsentant sein wollen.
Auch Volksabstimmungen, wie sie von “Mehr Demokratie e. V.”, oder jetzt auch vom ehemaligen schleswig-holsteinischen Piratenabgeordneten Patrick Breyer, gefordert werden, reichen nicht mehr aus und sie werden auch keine Chance bekommen, da sie vom System beschlossen werden müssten.
Der nächste Schritt kann nur heißen “dauerhafte direkte Demokratie” oder “Gelebte Selbstverantwortung”!
Die technischen und sozialen Voraussetzungen sind bereits vorhanden. Die Technik mittels Handy oder Computer eine verifizierbare Stimmabgabe zu ermöglichen, existiert und muss nur der Aufgabe entsprechend angepasst werden.
Eine soziale Voraussetzung, das ungebundene sharen von Informationen, ist noch vorhanden, aber das so genannte Zeitfenster schließt sich. Noch können wir relativ ungeregelt alle notwendigen Informationen über das Netz abrufen, aber die Systemschützer arbeiten mit Hochdruck (NetzDG) daran, nicht nur die Deutungshoheit, sondern auch den Veröffentlichungsfluss wieder zu beherrschen.
Um einen radikalen Wandel zu erreichen, braucht es eine technische Lösung wie den Bremer VoxBot UND eine radikale Veränderung unseres Bewusstseins. Wir müssen Abschied nehmen von lieb gewonnenen Vorstellungen!
– Anonyme Wahlen. Eine dauerhafte direkte Demokratie funktioniert nur, wenn technische Manipulation ausgeschlossen werden kann. Da es kein unhackbares System gibt, ist der Verzicht auf Anonymität bei Entscheidungen unumgänglich. Wir müssen dann zu dem stehen, was wir wollen!
– Dem Glauben, das nur wir sozial und gerecht handeln, aber andere das nicht können. Sowohl in der Linken wie in der Rechten wird dem Normalbürger, dem Pack, dem Proletariat, dem Prekariat oder wie man einen großen Teil der Gesellschaft auch nennen mag, Unwissenheit und Dummheit unterstellt. Es mag viele Bürger geben, die nicht die Möglichkeit hatten schulischen Intellekt zu erwerben; so schließt das doch nicht aus, dass sehr viele Menschen aus diesen Schichten ein sehr gesundes Empfinden über Rechtschaffenheit und Wahrheit haben. Das ist so ähnlich wie beim BGE. Ich könnte damit umgehen, aber mein Nachbar würde nur auf der faulen Haut liegen;)
– Und vor allem zu glauben, dass der lange Marsch die erhofften Veränderungen bringt. Der lange Marsch führt eher direkt in den Arsch der Anpassung. Und die Arschkriecher sind die ersten, die die Bühne wieder betreten werden, sobald der Erfolg winkt. Auch dieses Problem wird mit dem Konzept VoxBot obsolet. Denkt mal drüber nach, ob karrieregeile Lautsprecher dann Lust haben zu kandidieren?
Dauerhafte direkte Demokratie bedeutet nicht das Ende von Parteien. Jedenfalls nicht sofort. Irgendwer muss sich ja Regeln und Gesetze überlegen. Aber die Entscheidung der Umsetzung sollte immer bei denen liegen, die sie betreffen. Dauerhafte direkte Demokratie bedeutet auch nicht, dass Alle sich bei Allem beteiligen müssen. Die DIN-Norm einer Banane wird nicht jeden interessieren oder betreffen, die Wiedereinführung der Wehrpflicht durch eine mögliche Schwarz-Gelbe Regierung (Pläne sollen bereits in der Schublade liegen) dürfte ein sehr großes Interesse erregen.
Wer wirklich eine Veränderung will, muss Abschied nehmen von dem Glauben, dass ein sich selbst erhaltendes System aus sich heraus veränderbar ist.
Wer wirklich eine Veränderung will, hat die Möglichkeit, sich bei uns an der Entwicklung eines radikalen Konzeptes der dauerhaften direkten Beteiligung einzuklinken.
Wir brauchen kreative und mutige Menschen, egal ob Mitglied oder nicht, die das bestehende System radikal in Frage stellen ohne mit Konzepten aus der Mottenkiste des rheinischen Kapitalismus zu wedeln. Wir müssen Ideen anbieten, die nicht nur ein paar Sandkörner ins Getriebe werfen, sondern echte Veränderungen versprechen. Die Bremer Piraten werden definitiv keinen klassischen Wahlkampf fahren. Wer Bock hat das Konzept VoxBot und seinen Proxy zu pushen, kann bei uns mitmachen. Plakate, Slogans, Videos, egal was Euch einfällt. Alle können mitmachen. Es gibt kein Copyright!
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